Denn sie wissen nicht, was ihr Tun bewirkt
Darüber, dass wir unserem Unterbewusstsein anscheinend hilflos ausgeliefert sind.
Der Schweizer Unternehmer, Kosmopolit und Autor Rolf Dobelli beschreibt in seinem Buch „Die Kunst des klaren Denkens“ sehr griffig, warum wir täglich Denkfehler begehen. Das schließt auch Unternehmenslenker, Analysten und wissenschaftliche Experten nicht aus, sondern gilt für alle gleich. Ausgangsbasis für seine Sammlung von 52 klassischen Denkfehlern sind 10.000 Jahre Evolution, die unser Hirn und unser Denken geprägt haben. Und zwar nicht geprägt haben für Rationalität und Klarheit in unserer immer schneller immer komplexer werdenden Arbeits- und Wirtschaftswelt. Sondern auf grundsätzliche Muster zum Überleben: Jagen und Sammeln, Flucht und Angriff.
Dabei bringen mich 2 der geschilderten Denkfehler besonders auf die schnellen Entscheidungen aus meinem letzten Eintrag zurück, auf die sieben Atemzüge der Samurai. Dobelli nennt sie „die Prognoseillusion“ und „the Outcome Bias“.
„Die Prognoseillusion“ stützt sich auf eine Studie des Berkeley-Professors Philip Tetlock, der über 80.000 Vorhersagen von ausgewiesenen Experten betrachtete, ohne ein auffällige Trefferquote feststellen zu können. „The Outcome Bias“ bezeichnet unsere Angewohnheit, Entscheidungen in der Retrospektive anhand der Ergebnisse zu bewerten. Dies führt dazu, dass wir Entscheidungen gut finden, die zu guten Ergebnissen geführt haben. Und solche, die zu schlechten Ergebnissen geführt haben, halten wir für schlechte Entscheidungen. Wir betrachten aber nicht den Moment der Entscheidung und die Umstände in diesem Moment. Die retrospektive Analyse betrachtet als klar und offensichtlich, was am Punkt der Entscheidung noch nicht klar oder offensichtlich gewesen sein muss.
„Die Prognose-Illusion“ stützt sehr klar die schnelle Entscheidung nach Scherer und den Samurai. Wenn ich nicht erwarten kann, dass selbst die am gründlichsten recherchierte Prognose des hochspezialisierten Fachmanns mir in meiner Entscheidung Sicherheit gibt – dann brauche ich für diese Analyse auch nicht mehr Zeit investieren als sieben Atemzüge. Und die Bewertung meiner Entscheidung bleibt dem „Outcome Bias“ zufolge auch unvollkommen: das Ergebnis bestimmt nicht (allein) die Qualität der Entscheidung. Ich kann auch nur unzureichend prognostizieren, welches Ergebnis ich erreicht hätte, wenn ich die Entscheidung anders getroffen hätte.
Also doch: sieben Atemzüge und zack! Denken Sie daran, wie viel schneller Sie werden, wenn Sie Entscheidungen nicht mehrere Tage hintereinander in der Wiedervorlage finden. Sie nicht noch einmal mit allen durchsprechen müssen. Wenn Sie günstige Situationen ausnutzen können, anstatt sie zu verpassen, weil der Entscheidungsprozess zu lange gedauert hat.
Eine weitere Meinung zur „Prognose-Illusion“: Steve Jobs weist in seiner vielzitierten Ansprache an der Stanford Universität daraufhin, dass „man keine Verbindung zwischen den Punkten sieht, wenn man nach vorn schaut. Man kann sie nur verbinden, wenn man zurückblickt. Man muss sich also einfach darauf verlassen, dass diese einzelnen Punkte sich in der Zukunft irgendwie verbinden werden. Man muss in etwas vertrauen – das Bauchgefühl, Schicksal, Leben, Karma, was auch immer.“