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Retros, Muda, Effizenz, Zusammenarbeit optimieren

Retros, Muda, Effizienz – Die Zusammenarbeit immer weiter optimieren?

Ja, wir können Zusammenarbeit immer weiter entwickeln, unter anderem mit den 7 Muda – und es gilt auch, Grenzen zu erkennen

Immer wieder stellen sich Teams und Führungskräfte die Frage, wie können wir unsere Zusammenarbeit verbessern. Und das gerne bezogen auf mehrere Dimensionen: Effizienz, Qualität, Atmosphäre, Außendarstellung, Wissen teilen etc.

Die Arbeit als Team regelmäßig zu reflektieren, ist das Effektivste, was ein Team tun kann

Es ist grundsätzlich richtig, die Zusammenarbeit als Team regelmäßig zu reflektieren. Das Ihr Euch in vereinbarten zeitlichen Abständen zusammensetzt und hinterfragt: ist unsere Kommunikation untereinander OK? Können wir an irgendeiner Stelle leichter oder schneller Arbeitsschritte fertigstellen? Können wir unsere Produkte oder Leistungen noch besser anbieten?

Ich bin überzeugt, dass die Idee des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses immer wieder Ansätze fördert. Oft nehmen wir solche Ansätze nicht wahr oder nehmen sie uns nicht konkret vor. Denn meistens sind wir darauf konzentriert operativ unsere Arbeitsschritte zu erledigen. Deshalb brauchen wir in regelmäßigen Abständen Zeit, um innezuhalten und zu reflektieren.

Und ich bin auch überzeugt: viele Teams sind inzwischen an einer Grenze angelangt, was Effizienzsteigerungen angeht. In sehr vielen Organisationen sind die Stellen immer wieder reduziert worden während sich die Arbeit komplexer und anspruchsvoller entwickelt hat. Unglaublich viele Teams haben sich die Fragen schon mehrfach gestellt: nach Zeitfressern, Doppelbearbeitungen, nach den 80%-Lösungen, die schneller und leichter zu erreichen sind, als die vollen 100%.

Ein Team, das zu 100% ausgelastet ist, kann sich nicht verbessern

Wenn sich ein Team an dieser Grenze befindet, braucht es immer noch Reflexion und Optimierungsmöglichkeiten. Denn für das Team und die Führungskraft stellt sich die Frage: wie erhalten wir unsere Leistungsfähigkeit? Wie sorgen wir dafür, dass wir uns nicht ständig überlasten?

Diese Fragen lassen sich nicht beantworten, wenn sich alle Team-Mitglieder die ganze Zeit unter Druck fühlen, wenn Sie ständig operativ abliefern müssen. Für die Reflexion und die Anpassung an andere Umgangsweisen (Umgang mit der Belastung, Umgang miteinander, Umgang mit den internen oder externen Auftraggeber*innen) muss Kapazität geschaffen werden. Diese Fragen und ihre Beantwortung brauchen Zeit und bewusste Aufmerksamkeit.

Ein geeignetes Mittel, die gemeinsame Reflexion zu institutionalisieren ist die regelmäßige Retrospektive. Sie kann – je nach Teamgröße und Themenzahl – schon in 90-120 Minuten durchgeführt werden. Wenn Dein Team ein Mal im Monat oder alle zwei Monate es nicht schafft, sich diese Zeit zu nehmen, ist das ein alarmierender Indikator, der zeigt, wie sehr Ihr so eine Retro benötigt.

Immer besser werden in Fokussierung und Priorisierung

In einem dauerhaft stark ausgelasteten Team, wird es vor allem darum gehen: wie können wir besser, erfahrener und konsequenter darin werden, uns auf die wichtigen Arbeiten zu fokussieren. Viele von uns leben inzwischen in einer Realität, in der wir am Abend und am Ende der Woche gar nicht alles geschafft haben können. Denn es gibt immer viel zu viel zu tun. Insofern wird zur wichtigsten Frage: „Habe ich es heute geschafft, vor allem die wirklich wichtigen Dinge zu erledigen?“

Wichtigkeit ist dabei für Euch in der Organisation und im Team erstmal zu klären. In vielen Unternehmen hat sich eingeschlichen, Arbeiten als wichtig einzustufen, die nur nach innen gerichtet sind. D. h. sie bedienen Bedürfnisse und Anfragen, die ein Unternehmen begonnen hat als wichtig zu erachten, ohne dass sie einen spürbaren Effekt für den Kunden haben. In solch einem System müsst Ihr zunächst für Euch definieren: was ist in unserer Sicht wichtiger als anderes. Und dann könnt Ihr vereinbaren, wie Ihr Euch darauf fokussieren wollt, bzw. Euch dabei unterstützt, den Fokus nicht aus den Augen zu verlieren.

Die 7 Muda nutzen, um Effizienzpotenziale zu erkennen

Wenn Ihr Euch die Frage nach Effizienzsteigerung noch nicht oder zumindest noch nicht häufig gestellt habt, dann könnt Ihr die 7 Muda benutzen. Muda bedeutet soviel wie „eine Art der Verschwendung“. Die 7 Muda stammen aus der Organisationsmethode Lean Production, deren Ursprung den japanischen Automobilherstellern in den 1980er Jahren zugeschrieben wird.

Bei dem Stichwort „Verschwendung“ denken Du und Dein Team jetzt vielleicht: was für eine Unterstellung! Wir verschwenden doch nicht absichtlich Ressourcen! In der Tat geht es auch nicht um bewusste oder vorsätzliche Verschwendung. Es geht darum, die Schritte der Teamarbeit transparent zu durchleuchten auf Tätigkeiten, die nicht zwingend für die Wertschöpfung notwendig sind. Die können sich unbewusst oder unsichtbar etabliert haben.

Die 7 Muda stammen ursprünglich aus Produktionsorganisationen. D. h. wenn Dein Team im Bereich von Dienstleistungen oder verwaltenden Tätigkeiten oder kreativen Arbeiten beschäftigt ist, ist eine kleine Transferleistung von Euch zu leisten. Die Frage ist dann: was kann diese Muda bezogen auf unsere Arbeitsprozesse sein? Ich gebe Euch zu den Erklärungen auch gleich Beispiele, was das übertragen auf Euer Team bedeuten kann.

Zu den 7 Muda gehören:

Überproduktion:

Alle Produkte, Halbfabrikate und Leistungen, die erstellt werden, ohne dass diese vom Kunden gefordert werden. Hier könnt Ihr Euch also fragen und überprüfen: wo erledigt Ihr Arbeiten, die dann nicht abgefordert werden, wo „produziert Ihr auf Halde“ und stellt dann fest, das nutzt jetzt in dieser Form keiner direkt weiter.

Bestände:

Bestände als Produktionspuffer blockieren Ressourcen wie Lagerplatz und gebundenes Kapital. Was sind in Eurer Arbeit die Bestände: habt Ihr tatsächlich etwas, das physisch „rumliegt“ oder gibt es bei Euch andere Arten von Blockaden? Könnt Ihr zum Beispiel nicht schnell entscheiden, weil als „Bestand“ gilt: es müssen viele mitreden oder nur die Chefin darf entscheiden?

Transport:

Materialtransporte bringen dem Produkt keinen unmittelbaren Kundennutzen. Was ist bei Euch unnötiger Materialtransport? Vielleicht das Hin- und Herschicken von Dateien per Mail, anstatt gemeinsam in Dokumenten auf einer Plattform zu arbeiten? Vielleicht das Verschicken von Statusreports anstelle eines Projektmanagement-Tools, in dem alle Beteiligten jederzeit den Status einsehen können?

Wartezeit:

Stockende oder stillstehende Prozesse, fehlendes Material, gestörte oder ungeeignete Betriebsmittel etc. binden Ressourcen. Das kennen wir alle: Tätigkeiten, die wir anfangen und die dann im Prozess steckenbleiben, weil Entscheidungen fehlen, weil Zuarbeiten anderer Kolleg*innen fehlen u.ä. Das kostet Zeit, Nerven und Aufmerksamkeit. Um den Fluss solcher Tätigkeiten zu optimieren, könnt Ihr Euch gut an ein paar Kanban-Regeln orientieren. Dazu zählt u.a. eine „Definition of Ready“: wann ist eine Tätigkeit so klar definiert, dass sie durchgearbeitet werden kann. Solange die Definition of Ready noch nicht erfüllt ist, beginnt Ihr die Tätigkeit nicht. Oder das Prinzip, zu erst dafür zu sorgen, dass stockende Aufgaben zu Ende gebracht werden, bevor wir neue Aufgaben in „die Pipeline“ schieben, die dann eventuell für noch mehr „Verstopfung“ sorgen.

So könnt Ihr von den Muda Ideen ableiten, wo Ihr in Euren Abläufen nach Möglichkeiten suchen könnt, um Eure Arbeiten flüssiger, zügiger oder unaufwändiger durchzuführen.

Je nachdem, wo Ihr nachschlagt, hat sich auch schon eine achte Muda dazu geschlichen oder die Bezeichnungen variieren ein wenig. Zu den weiteren Muda zählen:

Bewegungen
Lange Wege
Aufwändige Prozesse
Fehler/Nachbearbeitungen
Ungenutztes Potenzial

Zu dem Punkt Fehler möchte ich noch darauf hinweisen, dass dieser Punkt sehr relativ zu sehen ist. Je nachdem, was Ihr produziert, leistet, kreiert oder entwickelt, gibt es Arbeitsbereiche mit sehr unterschiedlichen Sicherheitsanforderungen. Fehler können in einigen Bereichen viel mehr oder weniger toleriert werden. Was alle Tätigkeiten in Bezug auf Fehler gemeinsam haben: es kann immer nur um einen möglichst offenen und konstruktiven Umgang mit Fehlern gehen. Nur wenn Ihr im Team Fehler offen besprechen könnt, könnt Ihr Erkenntnisse für die Weiterentwicklung Eurer Arbeit gewinnen. Ansonsten fehlt Euch ein ganz wichtiges Potenzial zur Verbesserung Eurer Arbeit und Arbeitsergebnisse.

Wenn Ihr auf diese Weise nach Effizienzpotenzialen sucht, wird es zwei grundlegende Herausforderungen geben:

  1. Ihr müsst fast immer erstmal einen Mehraufwand betreiben, bevor die Erleichterung oder „Entschlackung“ einsetzt. Wenn Ihr schon sehr hoch ausgelastet seid, achtet zunächst darauf, Euch nicht zu viel auf einmal vorzunehmen und nur die Schritte zu wählen, die zu Beginn leistbar sind.
  2. Oft hängen die Dinge systemisch zusammen: wenn Ihr eine Sache verändert, hat das an anderer Stelle Auswirkungen. So treten durch eine Lösung unter Umständen woanders neue Probleme auf. Deshalb ist es sinnvoll, auch diesen Prozess in einer Retro zu reflektieren. Denn vielleicht wollt Ihr Änderungen wieder rückgängig machen oder Lösungen so verbessern, dass die negativen Auswirkungen sich reduzieren.

Ich wünsche Euch, dass Ihr den Entlastungsspielraum findet, den Ihr benötigt, um Eure Zusammenarbeit immer wieder zu reflektieren und anzupassen.

Foto: Shutterstock.

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