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Können wir bitte sachlich bleiben?

Warum das der falsche Appell ist, wenn es unsachlich wird.

Als Zusatz und als Verdeutlichung für den Vorrang, den die Klärung von Störungen haben soll, möchte ich Ihnen einige Beispiele von ehemaligen Kollegen schildern. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich die korrektere Form Kollegen/innen zum leichteren Lesefluss kurz fasse.

Kollegin A hat die Angewohnheit durch ihre Mitarbeiter sehr lange und detaillierte Präsentationen erstellen zu lassen. Wenn sie sie in Besprechungen vorträgt, führt sie sie lange und sorgfältig aus. So dass wenig Dialog entsteht und dass mit der Zeit mehr und mehr Teilnehmer die Konzentration verlieren. Wenn andere Kollegen Zwischenfragen stellen möchten, redet sie energisch weiter. Durch dieses Verhalten versucht sie die Beziehung zu ihren Kollegen zu dominieren. Sie möchte ihre Arbeit durch die anderen nicht hinterfragen lassen. Damit teilt sie die Reaktionen in zwei Lager: ein Teil der Kollegen  ist froh, wenn der Monolog vorüber ist, sie klinken sich aus. Damit entziehen sie sich dem Dominierungsversuch, allerdings erreicht Kollegin A damit ihr Ziel: ihre Themen werden durchgewunken. Ein anderer Teil der Kollegen geht gegen den Dominanzversuch in den Widerstand: sie suchen die Debatte und treten gegen As Pläne an – auch wenn diese richtig sind. Es ist dann egal, ob ihre Beobachtungen und Empfehlungen sachlich sinnvoll sind. Die Beziehung unter den Kollegen ist durch den Dominanzversuch gestört. Aber anstatt „unsachlich“ zu werden, nämlich die Verhältnisse untereinander zu klären, wird das Thema auf der angeblichen Sach-Ebene ausgefochten.

Kollege B ist so ein Opponent. Er achtet meist sehr genau ob angrenzende Teams oder Teamleiter an der Schnittstelle zu seinem Verantwortungsbereich sauber verfahren oder nicht. Er ist ein absolut lösungsorientierter und zielstrebiger Mensch. Wenn er allerdings den Eindruck hat, dass ein anderer Teamleiter mit einem Projekt glänzen oder einen Budgetposten an sich reißen möchte, das/der seines Erachtens in Bs Verantwortungsbereich liegt, dann geht er in die Offensive. Allerdings häufig in die thematische, nicht in die territoriale. Er geht die entsprechenden Kollegen dann hart an, kritisiert ihre Pläne, widerspricht ihren Rückschlüssen, schießt in der Sache quer. Diese empören sich ob des Tons und der harten Gangart, beschweren sich dass das unsachlich sei. Genau das ist der springende Punkt an dem wir (denn das geht im Eifer des Gefechts um ein sachliches Thema den meisten Menschen so) aber die Störung, das Unsachliche nicht wirklich aufdecken. Mit den Versuchen die Grenzen des anderen zu überschreiten, mit den unausgesprochenen Verdachtsmomenten und Gegenmanövern – mit alldem im Rucksack machen wir uns daran, die Sache zu klären. Und behindern uns selbst und gegenseitig, so dass der Prozess und die Lösung sehr ineffizient werden.

Viel effizienter ist es, einmal offen die persönlichen Differenzen auszusprechen und zu lösen. Im besten Falle erkennt man die Position des Anderen. Man muss nicht mit ihr einverstanden sein. Aber wirklich lösungsorientiertes Miteinander ist erst danach möglich. Wenn der Rucksack abgelegt, der Mißverständnisladeraum leergeräumt ist. Wenn wir uns erlaubt haben unsachlich zu sein.

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