Wer bringt Licht ins Dickicht der Tips und No-Gos?
Wirtschaftswoche, Kienbaum, Capgemini: Alle haben ganz tolle „Dos & Don’ts“ parat für schnelle Veränderungen in dynamischen Märkten. Und was passt zu mir?
Veränderungen, Disruption, neue Technologien, Generation Y und Z und was kommt eigentlich danach: wieder Generation A? In den Chef-Etagen von Unternehmen und in den Berater-Buden von der internationalen Kette bis zum Ein-Mann-Betrieb: Change, Anpassungsfähigkeit, Agilität sind die Buzzword-Themen der letzten und sicher auch der nächsten Jahre. Egal ob Ihre Herausforderung die Überalterung der Gesellschaft im deutschen Markt oder das stockende Wachstum in den BRIC-Staaten ist. Sämtliche Herausforderungen des noch jungen einundzwanzigsten Jahrhunderts scheinen nicht mehr mit den Methoden des Vorangegangenen zu lösen zu sein.
Die Untermnehmensberatung Kienbaum gab im Sommer 2015 eine Studie über Change Management und Veränderungsfähigkeit heraus – die Wirtschaftswoche griff dies in einem Artikel auf (hier). Und Capgemini, eine andere globale Beratungsmarke, gibt ihre Change Management Studie bereits seit 2003 alle 3 Jahre heraus. Die Wirtschaftswoche hebt die aufsehenerregenden Selbstkundgaben der teilnehmenden Unternehmen heraus: in der Überschrift heißt es: „Unternehmen sind nicht bereit für Veränderungen“. Nur jedes sechste sehe sich in der Lage, schnell und erfolgreich auf veränderte Kundenbedürfnisse zu reagieren. Knappe 40% könnten laut eigener Einschätzung nicht schnell genug bei technologischen Neuerungen am Ball sein. Dem schließen sich 3 hauptsächliche Fehler und 9 Tipps zum Bessermachen an.
Mit der Anwendbarkeit ist das so eine Sache: denn was für ein Unternehmen an Veränderungen notwendig ist, und was im Veränderungsprozess zu beachten ist, ist ausgesprochen individuell. Gut gemeinte Warnungen oder Tipps sind dabei schwierig zu verallgemeinern und zu übertragen. Auch das Aufbauen von internen Change Management Kompetenzen, dass an anderer Stelle (z.B. bei Capgemini) beobachtet oder eingefordert wird, hat seine Grenzen. Als Entscheidungsträger der Veränderung bleibt in aller Regel vor allen Dingen ein Weg am Aussichtsreichsten: der einer ganz individuellen Beratung. Wie sehr Ihr Geschäftsmodell, Ihr Erfolg und Ihre Vision von Technologie oder Kundenbedürfnissen oder deren dynamischer Veränderung überhaupt beeinflusst werden; ob sie viel oder wenig Wettbewerb haben; ob global oder lokal für sie erfolgversprechend sind. Das alles müssen Sie bitte ganz individuell bewerten. Und dann leiten sich daraus auch ganz individuelle Schritte und Maßnahmen ab.
Schauen wir einmal auf die typischen Change-Fehler laut Wirtschaftswoche und Kienbaum an:
1. Alles diktieren.
Hier wird gewarnt, keinesfalls autokratische Befehle zu erteilen, weil Sie sonst Ihr Angestellten vergraulten. Es gibt sicher viele Arbeitsbereiche heutzutage, bei denen Sie über Partizipation der Mitarbeiter bessere Ergebnisse erzielen. Sollten Sie allerdings Ihren Fertigungsprozess, ein Logistikzentrum oder einen Bereich verändern, in dem vor allem klassische Umsetzungsarbeiten erfolgen, wird sich die Gruppe der einzubeziehenden Mitarbeiter eher klein gestalten und viele autokratische Vorgaben erfolgversprechend sein.
2. Nichts entscheiden.
Weil zu viel Basisdemokratie zu Planlosigkeit oder Verwirrung führen kann. Der Widerspruch zum ersten Punkt ist nicht so groß wie Sie vielleicht auf den ersten Blick denken. Der aussichtsreichste Weg liegt dazwischen: Sie müssen identifizieren, was Ihrem Unternehmen in welchem Bereich mehr Erfolg bringt: viel Partizipation oder viele feste Vorgaben. Und dann ist das Entscheidende: die glasklare Kommunikation: Das hier steht fest – Und an der Gestaltung dieser anderen Themen können die Mitarbeiter partizipieren. Abgesehen davon stellen Sie sich bitte darauf ein, dass Ihre Angestellten im Veränderungsprozess immer durch eine Phase der Verwirrung hindurch müssen. Es geht nicht darum, Verwirrung zu verhindern. Es geht darum, dass Sie klar benannte externe und/oder interne Change Berater haben, die die Mitarbeiter gezielt durch die Phase der Verwirrung führen. Nur so kann es zu echter Erneuerung kommen.
3. Zu viel wollen.
Da steht: Wer zu schnell zu viel verändern wolle, errege Widerstand. Was so klingt, als könnten Sie Veränderungen auch gestalten und umsetzen ohne auf Widerstände und Ängste zu treffen. Was leider eine Illusion bleibt, selbst in so schnell getakteten Zeiten wie der unseren. Sie sind gut beraten, wenn Sie immer Widerstand erwarten. Und wenn Sie einschneidende Veränderungen vornehmen, dann wird es in der Tat nicht schnell gehen können. Wenn es gut werden soll, wollen Sie Ihre Mitarbeiter mitnehmen: sie sollen die Veränderung begreifen und akzeptieren können. Denn Ihre Mitarbeiter sind es schließlich, die die Veränderung umsetzen werden. Und von ihnen hängt es ab, ob die Veränderung zum Erfolg führt.
In Bezug auf die neun Tipps ist ebenfalls Vorsicht geboten. Auch wenn ich die Vorschläge selbst im Allgemeinen empfehlenswert finde und in vielen Bereichen befürworte, wie „Fehler zulassen“, „das Wissen der Mitarbeiter partizipatorisch anzapfen“ und „klar kommunizieren“ – Überprüfen Sie ganz genau, was davon zu Ihnen passt. Sowohl zu Ihren Produkten/Leistungen/Kundenbeziehungen als auch zum selbstverständlichen Miteinander in Ihrem Unternehmen. Wenn Sie eine Kette von Krankenhäusern leiten, wird ein Tipp wie „Fehler zulassen“ anders ausgelegt werden müssen als bei einem Software-Entwickler.
Foto by Jaxon Stevens