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Trennschärfe und Trennfreude - Wie wir mit pedantischer Präzision schneller ans Ziel kommen können.

Trennschärfe und Trennfreude

Wie wir mit pedantischer Präzision schneller ans Ziel kommen können.

Ich arbeitete in den vergangenen zwei Jahren mit einem Team zusammen, dass ich in eine neue Organisationsform bringen sollte. Wir hatten viele inhaltliche Themen, viele organisatorische Themen, viele Reibungspunkte und oft lange Diskussionen. Durch den Verlauf unserer Gespräche wurde ich einige Male an einen Appell erinnert, den Friedemann Schulz von Thun und Eberhard Stahl in einer Abendvorlesung an der Universität Hamburg an das Plenum richteten: Trennschärfe und Trennfreude seien die effektivsten Werkzeuge, um Konflikte zu lösen, um „Teufelskreise“ in der Kommunikation aufzubrechen, um die Motive des Anderen zu erkunden und die eigenen Bedürfnisse offen zu legen. Ein Aufruf zur Genauigkeit, ja geradezu zur Pedanterie in der Kommunikation, um keinen Raum für Missverständnisse, Annahmen und Unterstellungen zu lassen.

Da ich grundsätzlich mit einem leichten Hang zur Erbsenzählerei ausgestattet bin, rannten die Herren in jener Vorlesung bei mir offene Türen ein. In der Arbeit in dem Team erlebte ich allerdings ganz faktisch den positiv aufklärenden Effekt von beharrlicher Trennschärfe. Wir führten eine Besprechung über ein Event, in dessen Rahmen unser Unternehmen der Öffentlichkeit große Neuigkeiten mitteilen wollte und starteten mit einem Konzept, das zwei Durchläufe vorsah: einen am Nachmittag und einen am Abend des gleichen Tages. Gäste sollten Medienvertreter, Distributionspartner, Endkunden und weitere Geschäftspartner des Unternehmens sein. Ein Mitglied in unserem Team, der PR-Leiter, trat in der Diskussion gegen die Idee der zwei Durchläufe an. Um die Idee nicht leichtfertig vom Tisch wischen zu lassen, wollte ich herausfinden welche Argumente er hatte. Waren es Machbarkeitsbedenken oder logistische Hürden? Waren es Probleme, die wir lösen konnten oder Mehrkosten, die wir hätten finanzieren können? Er führte eine Reihe von Argumenten an, die wir in der Runde besprachen und für die wir Lösungsvorschläge erarbeiteten. Wie konnten wir sicherstellen, dass unsere Neuigkeiten in der zweiten Runde wirklich noch neu waren und sich nicht bereits nach dem ersten Durchlauf über soziale Medien verbreiteten? Was war die richtige Zeitspanne für die Reinigung und den Umbau zwischen den Durchläufen? Welche Teilnehmer kommen in den ersten, welche in den zweiten Event?

Als wir alle diese Themen, Fragen und Bedenken bearbeitet hatten, äußerte der PR-Leiter ein weiteres Gegenargument. Dass wir nicht in der Lage wären, genug Teilnehmer und Gäste zu locken, um beide Durchläufe wirklich zu füllen. Dies war ein ganz anderes Thema als jene, die er bisher vorgebracht hatte. Also entstand bei mir der Verdacht, er wäre grundsätzlich gegen das Konzept und griffe nach jedem beliebigen Argument. Als wir uns dieses neue Thema jedoch genauer ansahen, stellten wir fest, dass wir als Gruppe dieses Risiko ebenfalls sahen und dass wir nicht die Mittel hatten, um es aus eigener Kraft zu reduzieren. Wir einigten uns auf die Reduzierung auf einen Durchlauf, um unsere Neuigkeiten zu verkünden.

Mit mehr Trennschärfe und Trennfreude hätten der PR-Leiter und ich viel leichter an diesen Punkt kommen können, und dem Team die lange Sitzung erspart. Wenn der PR-Leiter sich selbst genauer gefragt hätte: was ist es wirklich, was mich an dem Konzept stört, hätte er nicht eine lange Reihe von Argumenten ins Spiel gebracht, sondern uns gleich auf des Pudels Kern geführt. Wenn ich als Moderator der Runde gleich eine Sammlung aller Argumente eingeleitet hätte und eine klare Trennung der Themen in: welche können wir lösen/beeinflussen und welche nicht, dann wären wir schon am Ziel gewesen.

Photography by Jarosław Puszczyński (CC0 License)

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