Change Is Neither Good Nor Bad – It Just Is
Am Freitagabend möchte ich noch kurz vor Toresschluss in die Blogparade von Mark von intrinsify!me einreihen.
Ich habe eine Ausbildung als Change Manager. Bei dem Unternehmen, bei dem ich die Ausbildung absolviert habe, führe ich als Trainer Ausbildungsmodule weiterer neuer Change Manager durch. Das, was ich tue, nennt sich im allgemeinen Change Management.
Wenn Mark in seinem Blog-Beitrag also schreibt, Change Management sei ein Oxymoron, und wenn Lars in seinem Beitrag schreibt, Change sei wie Verdauung, dann fühle ich mich herausgefordert darauf einzugehen.
Menschen in Unternehmen bedürfen weiterhin der Unterstützung und der Impulse von außen
Ich habe in den letzten sechs bis acht Monaten aufgehört, mich selbst als Change Manager zu bezeichnen und stattdessen Worte gewählt wie Change Guide und Change Berater. Aktuell stelle ich mich als Change Begleiter dar.
Das hat nicht damit zu tun, dass ich an Change Management nicht glaube, sondern dass das meiner Rollenvorstellung entspricht. Ich unterstütze und berate die Menschen in Unternehmen dabei, im Veränderungsprozess die angemessenen Kommunikationsformen, -inhalte und Worte einzusetzen, die Klarheit für die Beteiligten schaffen. Und dabei, Verwirrung, Ängste und Ablehnung zu vermeiden, die durch unangemessene oder unterlassene Kommunikation entstehen können.
Ich glaube, dass das weiterhin eine Unterstützung ist, auf die Menschen in Unternehmen angewiesen sein werden, auch (und gerade) wenn:
- man Change nicht managen kann, wie Mark schreibt
- Veränderung ständig passiert, wie Lars feststellt
- Veränderungen einen immer stärker werdenden experimentellen Charakter haben, wie Mark in seinem zweiten Teil aufzeigt
- Veränderungen in Zukunft nur durch „Switchen“ (Lars Vollmer), „Flippen“ (Niels Pfläging) oder „Driften“ (Ingo Stoll) erfolgreich herbeizuführen sind
Mark und Lars laufen bei mir mit ihren Artikeln halboffene Türen ein. Das liegt auch daran, dass ich mit einem der Inhaber des o.g. Beratungsunternehmens schon länger im Austausch bin über die Unvorhersehbarkeit von Veränderungsprozessen in Unternehmen. Den Begriff „Systeme zu kitzeln“ und zu sehen, was dann passiert, habe ich von ihm schon oft gehört. Auch wenn wir bei Systemen noch mehr bei Peter Senge als bei Niklas Luhmann sind. Über das angemessene Vorgehen in Iterationen und mit einer guten Portion Agilität diskutieren wir auch schon eine Weile.
Wenn Change ständig und überall ist – braucht’s dann noch Beratung?
Wo ich – vor allem bei Lars’ Ausführungen – noch nicht mitgehen möchte, ist, dass man im laufend andauernden Change keine Beratung mehr benötigte. Und das man sich nur auf die entscheidbaren Entscheidungsprämissen zu fokussieren bräuchte. Aus zwei Gründen:
Erstens ist das Wissen und die Herangehensweisen, die Lars und Mark schildern, leider noch weit entfernt davon, allgemein bekanntes und akzeptiertes Methodenwissen zu sein. Und ich sehe noch täglich viele Organisationen, die für Beratung offen sind und von diesen Ansätzen ernorm profitieren können. Ob man das dann Organisationsentwicklung oder Change Beratung nennt, finde ich zunächst zweitrangig.
Zweitens sind ja nicht nur die Organisationen Systeme, die ihre Muster immer wiederholen und die wie ein „geheimes Kraftfeld“ mit Widerstand auf Veränderungen reagieren. Sondern wir Menschen sind auch Muster-Wiederholer, nämlich Gewohnheitstiere. Es ist wissenschaftlich belegt, dass unser Gehirn uns vor allem bewährte Verhaltensmuster immer wieder abspielen lässt, auch wenn diese für uns selbst ungünstig sind – einfach weil sie bekannt, leicht abrufbar und gewohnt sind. In Form von sehr stark gebahnten neuronalen Netzen zwischen Nervenenden wirken sie immer überlegen gegenüber einem neuen Verhalten, das wir uns vornehmen. Und wie gut wir darin sind, altes Verhalten abzulegen und neues zur Gewohnheit werden zu lassen, zeigen ja die Abertausenden Neujahrsvorsätze, die jedes Jahr spätestens im Februar versanden. Deshalb brauchen die Menschen, die laut Mark einen Praktiken-Putz vornehmen auch Unterstützung. Nämlich darin neue Praktiken zu einer „Gewohnheit“ werden zu lassen.
Nicht nur das System – auch wir Menschen sind Muster-Wiederholer
Die meisten von uns sind keine erklärten Selbst-Optimierer, die cool, calm und collected ihre rationalen Vorsätze verfolgen. Sondern wir sind hochgradig intuitiv und emotional entscheidende und handelnde Personen. Und Intuition bildet immer genau das ab, was wir bereits erfahren haben. Neu zu handeln ist zumeist wider die eigene Intuition. Es sei denn, wir haben extrem viel gute Erfahrung damit gemacht, immer genau entgegen dem Bewährten zu handeln – so wie es für mich oft in Marks Beschreibungen klingt. Für die meisten ist das Spiel außerhalb der Komfortzone noch nichts, was wir uns mehrheitlich täglich gerne vornehmen.
Bevor alle Organisationen, für die das relevant ist und die offen dafür sind, die Systemtheorie nach Luhmann beherzigen, das Play Change von !me kennen und mit Selbstführungs-Methoden wie dem Zürcher Ressourcen Modell® ihre eigene Komfortzone laufend erweitern, ist da meines Erachtens noch sehr viel Arbeit für Organisations- und Change Berater.
Foto: gukodo