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Von Silos und Kulturen

Warum Kollegin A und Kollege B bei allem guten Willen trotzdem nicht automatisch vorwärts kommen

In meinem letzten Eintrag habe ich ganz plump innerhalb eines Blogposts versucht zu erklären, warum Störungen Vorrang haben und Unsachlichkeit vor sachlicher Effizienz kommt. Eine Sache habe ich unterschlagen: die Realität.

Ein großes Hindernis für Kollegin A und Kollegen B ist, dass es nicht die eine Realität gibt. Jeder von uns nimmt seine eigene Realität wahr. Somit ist es nicht ganz leicht, offen zu sein, die Realität, bzw. Wahrnehmung des anderen zu verstehen. In diesem Fall meine ich mit Realität aber vor allem das weitere Umfeld, in dem sich A und B begegnen, um ihre vermeintlichen Scharmützel um Territorium und Dominanz der Beziehung auszutragen.

Eine immanent wichtige Grundlage dafür, dass die beiden Ihre Positionen offen diskutieren und definieren, bildet die Klarheit dieser Positionen im Gesamtgefüge des Unternehmens, bei dem sie angestellt sind. Arbeiten sie für einen gemeinsamen Vorgesetzten oder für verschiedene? Hat dieser eine Vorgesetzte beiden ein klares Bild gegeben wofür A und wofür B verantwortlich sind? Ist er für beide ansprechbar und in der Lage auf Anfrage diese Klarheit herzustellen? Sind es zwei unterschiedliche Vorgesetzte, deren Verantwortlichkeiten klar definiert sind, denen klar ist, wo eine Abgrenzung verläuft? Haben diese beiden Vorgesetzten untereinander schon die offene Definition der Positionen besprochen, oder noch nicht? Und warum noch nicht – aus Misstrauen, sind sie im Machtkampf miteinander? Oder aus mangelndem Verständnis für die Wichtigkeit oder aus Scheu vor einer allzu deutlichen Verantwortung?

In diesem Fall arbeiten A und B für zwei unterschiedliche Vorgesetzte. Beiden sind von der Unternehmensspitze Verantwortlichkeiten gegeben worden, die sich stark überschneiden, bei denen eine klare Abgrenzung nicht möglich ist. A und B und ihre Chefs sind in unterschiedlichen Silos gefangen, sie sitzen nicht im selben Boot. Und doch soll unten aus den Silos dasselbe herauskommen, sollen die getrennten Boote das gleiche Ziel ansteuern. Gegen solche Silo-Strukturen schreiben Autoren und Fachpresse seit Jahren an. Allerdings kennen wir nicht die Argumente, warum diese Bereiche getrennt sind. Vielleicht gibt es stichhaltige Gründe. 

Es gibt eine Möglichkeit trotz dieser strukturellen Trennung gemeinsam effizient und erfolgreich zu sein. Eine Möglichkeit, über den Graben eine Brücke zu schlagen: eine positive Unternehmenskultur. Ein Klima, in dem A und B und all ihre Kollegen wissen: wir haben ein gemeinsames Ziel. Wir kennen das Ziel, wir identifizieren uns mit dem Ziel, und mit unserem Beitrag zum Erreichen dieses Ziels. Wir identifizieren uns auch mit unserer Rolle. Sicherlich müssen wir A und B trotzdem ausstatten mit dem Wissen um die Beziehungsebene ihrer Kommunikation und darüber, dass Störungen Vorrang haben, darüber, dass das „Unsachliche“ geklärt sein muss, damit die Sache Erfolg haben kann.

Diese Ziele, diese Klarheit und diese Haltung funktioniert, wenn sie vorgelebt wird. Wenn auch die Vorgesetzten von A und B Klarheit haben und schaffen. Wenn es allgemeingültig ist, dass Unklarheiten angesprochen und ausgeräumt werden.

Haben A und B nun eine echte Chance, wenn in ihrem Umfeld keine Klarheit vorgelebt wird, jeder Chef seine eigenen Ziele verfolgt, sie in Silo-Strukturen stecken? Ja, ich glaube selbst dann. Mit Bewusstheit für sich selbst und den anderen. Mit persönlicher Souveränität. Aber es ist natürlich viel schwieriger.

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